Ein paar vage Worte über Terry Pratchett
und das, was er fabriziert hat...

 
Nur Trottel glauben, die Welt sei rund. Wer denkt, Schiffe würden am Horizont verschwinden, weil das Meer der Erdkrümmung folgt, sollte zur eigenen Sicherheit in einer Gummizelle angekettet werden; hunderte Seefahrer sind umgekommen, weil sie diese aberwitzige Theorie beweisen wollten. Dabei weiß doch jeder vernünftige Mensch, daß die Welt eine Scheibe ist.
  Sie ruht auf dem Rücken von vier großen Elefanten (Berilia, Tubul, Great T'Phon und Jerakeen), die wiederum auf dem Panzer einer riesigen Sternenschildkröte durchs All getragen werden. Niemand kann sagen, wie alt sie ist oder warum sie die unendliche Last eigentlich trägt. Aber das ist auch gar nicht so wichtig. Das größte philosophische Problem der Scheibenwelt ist ein ganz anderes: Ist die Sternenschildkröte Groß A'Tuin männlich oder weiblich?

Seine Romane von der bizarren Scheibenwelt haben den britischen Autor Terry Pratchett in wenigen Jahren weltbekannt gemacht. Die Bücher haben sich so gut verkauft, daß der 1948 geborene Motorradfan mit dem australischen Cowboyhut als einer der 50 reichsten Männer Englands gilt. Trotzdem sind sie ein Nischenprodukt. Wer Pratchetts Namen in einer der üblichen Bestsellerlisten à la Spiegel finden will, muß lange suchen. Die Scheibenweltromane gehören nicht gerade zu dem, was als "große" Literatur gehandelt wird, und altehrwürdige Buchhändler, die etwas auf ihren Kunstverstand halten, hüten sich davor, seinen Namen zu kennen. In den gediegeneren Buchläden finden sich bestenfalls in der hintersten dunklen Ecke ein oder zwei Taschenbücher mit den knallbunten Zeichnungen von Josh Kirby auf dem Cover. Terry Pratchetts Bücher sind das, was viele Menschen mögen - selbst wenn sie es nicht so einfach zugeben würden. Sie sind einfach witzig, voller Humor. Und sie sind um die Ecke gedacht.


Auf seiner Scheibenwelt sind genau jene abergläubischen Vorstellungen der Menschheit lebendig geworden, von denen sich im Laufe der Zeit herausgestellt hat, daß sie nichts als irrealer Quatsch sind. Es gibt Zauberer Zwerge, feuerspeiende Drachen, Werwölfe, Zombies, es gibt Jungfrauen, die unbedingt von Druiden geopfert werden wollen, Hexen, die auf Besen reiten, und Kameras, in denen statt eines Films ein kleiner Dämon sitzt, der mit flinkem Pinsel alles malt, was er durchs Loch an der Vorderseite seiner Behausung erkennen kann.

Aber Pratchett sammelt nicht einfach nur alte Mythen, er rührt auch noch einmal kräftig um. In seiner Welt ist alles immer noch ein bißchen...anders. Da ist etwa der gescheiterte Zauberer Rincewind, der vielleicht ein mächtiger Magier wäre, wenn er sich wenigstens eine einzige klitzekleine Zauberformel einprägen könnte. Statt Dämonen zu beschwören stolpert er jedoch mit Zweiblum, dem ersten und einzigen Touristen der Scheibenwelt, von einem Unglück ins nächste. Natürlich passiert den beiden nichts - zumindest nichts ernstes. Schließlich ist Zweiblum als erster Scheibenweltreisender der festen Überzeugung, daß sich selbst mit dem Kopf unter dem fallenden Messer der Guillotine noch alles zum besten wenden wird. Und weil er das denkt, tut es das auch...

  Terry Pratchett ist ein Fantasy-Autor. Eigentlich gefällt ihm diese Bezeichnung überhaupt nicht, erklärt der Scheibenwelt-Schöpfer, der mit 13 Jahren seine erste Geschichte veröffentlichte, bei jeder Gelegenheit von Neuem. Wirklich gute Fantasy-Schreiber gebe es heute kaum noch, und die meisten phantastischen Geschichten seien nur noch Abklatsch dessen, was sich Science-Fiction-Pioniere wie Arthur C. Clark einst leisteten. Was Pratchett schreibt, gehört trotzdem zur Fantasy. Und auch wenn ihm das nicht ganz geheuer scheint, gibt er das sogar selbst zu.


 

  Pratchetts Discworld-Bücher sind kein Abklatsch. Pratschetts Humor macht sie einmalig: Natürlich gibt es Trolle und Zwerge und schwertschwingende Helden, wie sich das für einen ordentlichen Fantasy-Roman gehört. Nur ist Conan der Barbar hier nicht mehr der muskelbepackte Krieger, der er einst war.

Mit 80 Jahren plagt den größten Jungfrauenbefreier der Scheibenwelt die Arthritis. Wenn er sein Schwert schwingt, reißt ihn das Gewicht von den Beinen, und egal wohin er kommt, kriegt der zahnlose Greis im Lederhemd nichts als plärrige Suppe zu beißen. Er würde alles geben für ein gutes Gebiß und weiches Toilettenpapier...

Seit 1978 in England "The Dark Side of the Sun" (dt. "Die dunkle Seite der Sonne") erschien, schrieb Pratchett, der Ex-Pressesprecher eines Kernkraftwerkes im englischen Sumerset, im Akkord. Mehr als 20 Scheibenwelt-Romane hat er in den vergangenen Jahren zustandegebracht. Das Schreiben mache ihm einfach Spaß, behauptet der Millionär. Woher sein Erfolg kommt, wisse er selbst nicht genau.

Wer eines seiner Bücher in die Hand bekommt, wird es schnell herausfinden: Terry Pratchett ist kein Weltverbesserer. Er ist humoresk, und er schafft es, seinen Lesern einen sehr tiefen Einblick in die geheimen Vorstellungen und Wünsche der Menschen zu geben, ohne daß sich davon jemand bedrückt fühlen muß. Pratchett macht süchtig. Wer seine Werke mag, verschlingt sie regelrecht und hat am Ende das Gefühl, immer noch mehr zu wollen. Alle anderen schaffen es nicht einmal bis zur Seite zehn.



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