Fragen an Pterry
und manche weise Antwort...

 

Fantastischerweise sind im Folgenden Worte zu finden, die Pterry höchstselbst von sich gegeben hat - natürlich in seiner Muttersprache. Gemeinschaftlich mit Sonja hatte ich die wundervolle, einmalige und unwiederbringliche Gelegenheit, Pterry am dreiundzwanzigsten Tag des dritten Monates im Jahre des Herren zweitausendundeins auf der Buchmesse zu Leipzig zu sprechen. Und er hat geantwortet ... (Die Geschmacksberichte über deutsches und australisches Bier seien hier aus wettbewerbsrechtlichen Erwägungen nicht wiedergegeben.)

 

Mister Pratchett, mögen Sie eigentlich selbst, was Sie geschrieben haben?

Ähm, ich denke darüber wie jeder Autor. Wenn ich meine Bücher nach sechs Monaten noch einmal lese, habe ich das Gefühl, dass ich sie noch besser schreiben könnte. Aber ich glaube, das geht jedem Autor so. Ja, ich bin glücklich mit dem, was ich geschrieben habe.

Was gefällt Ihnen „Der fünfte Elefant“?

Es ist eines der Bücher, die zu schreiben ich überaus genossen habe. Mir hat es wirklich Spaß gemacht, „Der fünfte Elefant“ zu schreiben.

Bis jetzt haben Sie 26 Scheibenwelt-Geschichten geschrieben...

Ja, 25 sind in England erschienen, inklusive „The Truth“. Mein aktuelles ist das 26. Ich habe es schon geschrieben, aber es ist noch nicht veröffentlicht worden.

Wie können Sie sich dabei die Geschichte all der vielen Personen und Schauplätze merken?

Ich hab ein gutes Gedächtnis. Navigation

Das ist alles?

Ich mache mir ein paar Notizen, um sie mit den früheren Büchern zu vergleichen. Es ist gar nicht so schwer. Schließlich ist es mein Job.

Aber es gibt doch auch eine Landkarte von der Scheibenwelt.

In England gibt es sogar sechs ... nein vier Karten, eine von der eigentlichen Scheibenwelt, eine von Ankh-Morpork, eine vom Reich des Todes und eine vom Königreich Lancre, wo viele der Geschichten spielen. Die sind sehr professionell gemacht. Der Plan von Lancre zum Beispiel sieht aus wie ein Bild, einfach wunderbar. Ich war immer beteiligt, als die Karten entstanden sind. Sie sind sozusagen offiziell.

Habe Sie nicht langsam die Nase voll von der Scheibenwelt? Wird es ein Ende geben?

Warum sollte ich die Nase voll haben, wo ich doch 26 Scheibenwelt-Geschichten geschrieben habe? Wenn überhaupt, dann hätte ich nach Nummer fünf die Nase voll gehabt. Die Scheibenwelt ist eine eigene, komplette Welt. Es ist so leicht ist, alle möglichen Dinge in sie zu übertragen. Deshalb fühle ich mich in ihr überhaupt nicht eingeengt. Ich will immer weiter über die Scheibenwelt schreiben. Navigation

Es heißt, dass Sie in einem der nächsten Bücher eine Ihrer Hauptpersonen sterben lassen werden. Stimmt das?

So ist das mit Gerüchten. Ich habe gesagt, eine Person wird sterben, die eine wichtige Rolle in einem oder mehreren Büchern gespielt hat. Irgendwie scheint das einige Leute sehr aufzuregen.

Welche Figur ist es denn?

Sag ich noch nicht.

Warum schreiben Sie überhaupt?

Die kürzeste Antwort, die ich geben kann, ist, dass es unter Science-Fiction-Fans einen großen Ansporn gibt, selbst mit dem Schreiben anzufangen. Heute vielleicht noch mehr als zu der Zeit, als ich 13 Jahre alt war. Anders als die Leser in jedem anderen Genre bekommen Fans eine Chance, mit Schriftstellern zusammenzukommen, die ihnen oft helfen, Tricks verraten und Tipps geben. Mich hat früher Science Fiction interessiert. Deshalb habe ich angefangen, Amateur-Science-Fiction zu schreiben. Und dann kam einfach eines zum anderen.


Hatten Sie einen speziellen Autor, einen Mentor, jemanden, von dem Sie die ganze Atmosphäre der Science Fiction lernen konnten, der Ihnen erklärt hat, wie diese Welt funktioniert?

Ich bezweifle, dass ein guter Autor erklären kann, wie er schreibt. Das ist wie mit einem Maler. Ein Maler kann dir sagen, wie man die Farbtöne mischen kann und wie man die einzelnen Farben sauber hält. Aber er kann einem nicht die Begabung geben. Nein, ich hatte keinen Mentor. Es gab einige Autoren, die ich bewundert habe, deren Techniken und deren Stil ich studiert habe, ohne es zu wissen, aber ich war nicht Schüler bei einem Meister. Navigation

Was halten Sie von Tolkien?

Er hat die Welt der Fantasy-Schriftsteller unglaublich beeinflusst. Es gab eine Menge Fantasy vor Tolkien. Ich vergleiche ihn gerne mit der Fudschijama in Japan. Er prägt viele japanische Drucke. Man könnte sagen, er beeinflusst alle japanische Drucke. Tolkien hat eine ähnliche Wirkung auf die Fantasy. Manchmal ist der Fudschijama ganz klein in der Ferne zu sehen, manchmal ist der Fudschijama sehr groß und ganz nah abgebildet. Und manchmal ist er überhaupt nicht zu sehen, weil der Künstler genau auf dem Berg steht. Ich denke, jeder Autor von Fantasy – womit ich nicht gesagt haben will, dass ich ein Fantasy-Autor bin – ist von Tolkien beeinflusst, und wenn er sich nur vornimmt, alles anders zu machen als Tolkien.

Würden Sie sich selbst als Fantasy-Autor bezeichnen?

Lassen Sie mich ein Beispiel nehmen: Wenn ich ein Buch schreiben würde, das in Arizona im Jahr 1888 spielt, würde es ein Western sein. Es würde einfach ins Western-Genre einsortiert werden. Es könnte ein Thriller sein, es könnte eine Romanze sein, oder es könnte eine Kriminalgeschichte sein. Es könnte all das sein, aber wir würden es doch einen Western nennen, wegen der Szenerie, wegen der Mode. Ich bin stolz, ein Fantasy-Autor zu sein, obwohl ich glaube, dass viele Leute das Genre verachten. Viele meiner Bücher werden als Fantasy angesehen, wegen ihrer Zwerge und Trolle und dieser Dinge, wegen der Szenerie. Aber nicht notwendigerweise wegen dem, was sie eigentlich sind. Das gilt auch für Filme wie „Eine Handvoll Dollar“. Es ist kein Western, sondern ein Fantasy-Film mit dem wilden Westen als Hintergrund.

Für wen schreiben Sie Ihre Bücher? Wer, denken Sie, sind Ihre Leser?

Zuerst mal schreib ich für mich. Wenn mir ein Buch gefällt, hoffe ich, anderen Menschen wird es genauso gehen. Für eine Doktorarbeit hat eine Frau in Großbritannien 500 zufällig ausgesuchte Leute im Internet interviewt. 60 Prozent waren Frauen, alle waren älter als 20 und hatten studiert. Das fand ich überraschend. Bevor ich vom Ergebnis gehört habe, hatte ich der Frau gesagt, dass ich nicht glaube, viele meiner Leser seien älter als 45, schon weil die Menschen, die das Internet nutzen, im allgemeinen recht jung sind. Aber ich hatte ihr auch gesagt, dass viele meiner Fans Frauen sind. Das weiß ich aus meiner Fanpost. Das überrascht viele Leute, weil sie meinen, Fantasy interessiert vor allem Männer. Navigation

Wenn ich mir die Diskussionen unter Fans anhöre, bin ich oft verwundert, welche Dinge und Geschichten die Leser alles in Ihre Bücher hinein interpretieren. Überrascht Sie das auch hin und wieder oder ist das beabsichtigt?

Viele Dinge bringe ich mit Absicht ins Buch und einige kommen hinein, ohne dass ich es mitbekomme. Und viele werden von den Fans entdeckt, obwohl ich sie gar nicht hineingetan habe.


Liest Ihre Frau ihre Bücher? Mag sie sie?

Oh ja, tut sie. Aber sie darf die Geschichten erst sehen, wenn sie fertig sind.

Was wir Ihr nächstes Buch sein?

Ich habe ein Kinderbuch geschrieben, das auf der Scheibenwelt spielt. Es heißt „The Amazing Maurice“. Maurice ist der Name des Helden. Er hat Nagetiere dressiert. Es geht um eine Katze und einen Haufen sehr intelligenter Mäuse und ein Kind, das Flöte spielen kann. Und sie erfinden diesen riesigen Schwindel. Sie ziehen von Kleinstadt zu Kleinstadt und tun so, als würden die Orte voller Ratten sein. Der Bürgermeister und die Ratsherren wollen die Ratten loswerden. Dann kommt der Junge, spielt die Flöte und die Tiere folgen ihm. Und später teilen sie sich das Geld, das der Junge von der Stadt bekommen hat. Doch eines Tages entdecken sie etwas sehr Böses in einem Rattentunnel unter der Stadt.

Ich dachte eigentlich, dass ich ein niedliches Buch für Kinder schreiben würde. Aber als sich die Geschichte entwickelte, merkte ich, dass sie plötzlich sehr ernst wird. Da waren eine Menge Tote und Verstümmelte, Ratten sind Kannibalen. Das Buch entwickelte sich ganz anders, als ich es geplant hatte und wurde sehr düster. Man merkt sofort, dass es ein Kinderbuch ist, wegen des vielen Blutes. Zu einem guten Märchen gehört eine Menge Blut,
 Navigation wie bei den Brüdern Grimm.

Wie steht es mit einem Scheibenwelt-Film?

„Mort“ ist ständig kurz davor, verfilmt zu werden. Ich glaube nicht, dass daraus in den nächsten 18 Monaten etwas wird. Es gibt andere interessante Entwicklungen. Alles sieht sehr vielversprechend aus. Aber wie das so mit Filmen ist, ich spreche nicht gern darüber, bevor die Tinte unter dem Vertrag trocken ist. Die Gespräche waren sehr positiv, aber noch ist nichts unterschrieben. „Good Omens“ wird verfilmt, mit Terry Gilliam als Regisseur. Zuletzt habe ich gehört, dass die Dreharbeiten Ende des Jahres in England beginnen sollen.

Gefällt Ihnen die Vorstellung, dass Ihre Bücher verfilmt werden? Wer sie liest, hat doch eine eigene Vorstellung von der Geschichte. Beim Lesen entsteht quasi ein ganz eigener Film.

Das ist vollkommen richtig. Aber wir leben in einer Zeit der Hysterie. Immer wenn ein Reporter zehn Fragen zu einem Buch hat, ist eine, ob es davon auch einen Film geben wird. Inzwischen hab ich die Einstellung, wenn jemand kommt und eine nur halbwegs angemessene Herangehensweise hat, sage ich ja. Sehr oft melden sich Fans und sagen, was immer Sie machen, machen Sie bloß keinen Film. Ich war anfangs sehr streng und habe eine Menge Angebote abgelehnt, weil mir klar war, dass die Leute überhaupt keine Ahnung haben. Aber jetzt sag ich, wenn Leute meinen, mach bloß keinen Film, müssen sie die Filmrechte eben selbst kaufen. Dann können sie einen Film auch verhindern.

Es werden eine Menge Filme gedreht, warum sollte man nicht auch einen von der Scheibenwelt machen? Wenn „Mort“ verfilmt wird, dann weil die Leute die richtigen Ideen dafür haben. Im Endeffekt geht es natürlich ums Geld.

Niemand schreibt mir vor, was ich tun soll oder was nicht. Ich bin so sorgfältig wie ich kann. Ich hatte viele Angebote. Ich hab immer nein gesagt, aber hat mich das weitergebracht? Hat es nicht. Aber weil ich so oft nein gesagt habe, denken die Fans, was ist das doch für ein guter Kerl. Ich möchte nicht, dass jemand meine Arbeit zuschande macht, aber irgendwann muss man die Arbeit aus der Hand geben, wenn ein Film daraus werden soll.

 

Hinweise für alljenige Rezipienten, welche das dumpfe Gefühl haben, ihnen fehle an der einen oder anderen Stelle wohl irgendwelches Hintergrundwissen, was unter Umständen dann passieren kann, wenn man obiges Gespräch aus einiger zeitlicher Entfernung zu lesen bekommt, insbesondere dann, wenn eines oder mehrere der von seiner Heiligkeit Terry Pratchett erwähnten beziehungsweise angekündigten Ereignisse entweder a) bereits eingetreten, b) längst vergessen oder c) unglücklicherweise wieder verworfen worden ist/sind: The Truth ist in England bereits erschienen, in Deutschland ist das Buch als Die volle Wahrheit erst angekündigt.

In einer gekürzten Version sind seine oben bildhaft wiedergegebenen Worte inklusive unserer Fragen in der Märkischen Allgemeinen Zeitung (18. April 2001) schon mal veröffentlicht worden.

Ach ja, nur zum allgemeinen Verständins: Links auf diese Seite sind hoch willkommigt. Die Worte zu kopieren, hingegen nicht! Blöd stimmts... ;-))



Zum Anfang
der Seite


Zurück zur
Einführung


Terry Pratchett


Seine Bücher


Pratchett-Links

Buch des Gastes

 

Über diese Seiten
und den Verursacher
Noch mehr
tolle Themen
REYK GRUNOW
reyk@atuin.de


 
Suche auf allen Atuin.de-Seiten:      powered by crawl-it